Hören was uns wichtig

 

Ein Indianer besucht seinen weißen Freund. In einer Stadt zu sein, mit dem Lärm, den Autos und den vielen Menschen – all dies ist ungewohnt und verwirrend für ihn. Die beiden Männer gehen die Straße entlang, als der Indianer plötzlich stehen bleibt: „Hörst du auch, was ich höre?“

 

Der Freund horcht: „Alles, was ich höre, ist das Hupen der Autos und das Rattern der Omnibusse.“ „Ich höre ganz in der Nähe eine Grille zirpen.“ „Du musst dich täuschen. Hier gibt es keine Grillen. Und selbst wenn es eine gäbe, man würde sie bei dem Lärm nicht hören.“ Der Indianer geht ein paar Schritte weiter und bleibt vor einer Hauswand stehen. Wilder Wein rankt an der Mauer. Er schiebt die Blätter auseinander – und da sitzt tatsächlich eine Grille.

 

Der andere sagt: „Indianer können eben besser hören als Weiße.“ „Da bin ich nicht so sicher“, erwidert der Indianer, nimmt ein Geldstück und wirft es auf die Strasse. Es klimpert auf dem Asphalt, Leute bleiben stehen und sehen sich suchend um. „Siehst du“, sagt der Indianer, „das Geräusch, welches dieses Geldstück gemacht hat, war nicht lauter als das der Grille. Und doch hörten es viele. Wir alle hören eben nur das gut, was uns wichtig erscheint.“

 

(Verfasser unbekannt)